Aktuelles

  • Abschlusserklärung vom 30.11.2025

    In einem gemeinsamen Aufruf hatten das Forum Demokratischer Sozialismus und das Netzwerk Progressive Linke zu einem Herbsttreffen in Leipzig am 29. und 30. November 2025 eingeladen. Erklärtes Ziel war es, eine Plattform in der Partei Die Linke zu bilden, „die konkrete Reformstrategien verfolgt; konsequent fortschrittliche Werte vertritt; sich als Teil der Gesellschaft versteht und sie in ihrer Pluralität annimmt; die Demokratie als historische Errungenschaft verteidigt und weiterentwickelt; aus Fehlern und Irrwegen linker Bewegungen lernt; eine zeitgemäße Vision eines demokratischen Sozialismus entwickelt, die nicht in Vorstellungen und Rhetorik des 19. und 20. Jahrhunderts stecken bleibt; die ihren Internationalismus aus einer realistischen Analyse der Weltlage entwickelt; die konsequent für Menschen- und Völkerrecht, eine Vertiefung der europäischen Einigung und eine UN-zentrierte Weltordnung eintritt; die die Dringlichkeit der kollektiven Existenzgefährdung durch das Überschreiten der planetaren Grenzen wirklich ernst nimmt.“

    Auf dem Herbsttreffen haben sich die Mitglieder des Forums Demokratischer Sozialismus und des Netzwerks Progressive Linke mit weiteren Genossinnen und Genossen dafür entschieden, diesen Weg gemeinsam zu beschreiten und sich unter dem Namen Demokratische Linke zu organisieren. Damit existiert eine erneuerte Plattform für alle, die sich für eine reformorientierte und progressive Politik innerhalb der Partei Die Linke und zugleich in unserer Gesellschaft einsetzen. Wir laden alle Genossinnen und Genossen, die unsere Ziele teilen, insbesondere auch neue Mitglieder unserer Partei, zum Beitritt ein. Weitere Grundlagen für unsere künftige Arbeit sollen auf einem Bundestreffen der Demokratischen Linken im März 2026 geschaffen werden. Ziel ist die Wahl eines neuen Bundesvorstands und der Beschluss eines gemeinsamen Selbstverständnisses. Eine Arbeitsgruppe wird damit beauftragt, einen offenen und digitalen Prozess zu organisieren, in dem sich alle Mitglieder mit ihren Vorschlägen an der Erarbeitung eines Textentwurfs für das Selbstverständnis beteiligen können.

  • Beschluss der Bundesmitgliederversammlung des Forums Demokratischer Sozialismus (fds) in Taucha am 30.11.2025

    Auf neuem Wege – Bilanz und neuer Impuls für radikalreformerische Politik

    Beschluss der Bundesmitgliederversammlung des Forums Demokratischer Sozialismus (fds) in Taucha am 30.11.2025

    1. Der überraschende Wahlerfolg der LINKEN im Februar 2025 hat ein neues Möglichkeitsfenster eröffnet. Der über lange Zeit andauernde Abwärtstrend in Umfragen und Wahlergebnissen ist unterbrochen und zunächst umgekehrt. Mit einer neuen, wieder erstarkten und neu zusammengesetzten Bundestagsfraktion ist die parlamentarische Präsenz wieder für absehbare Zeit gesichert und damit auch Relevanz im politischen System sowie eine wesentliche Ressource für gesellschaftlichen Einfluss.

    2. Die Hoffnung, die viele und insbesondere neue junge Wählende in die Linke setzen, zeigt, dass ein Angebot demokratisch-sozialistischer Politik Resonanz findet. Neben konkreten Erwartungen an linke Politik gegen den derzeitigen Trend inhumaner, demokratiefeindlicher, populistischer, ökologisch und gesellschaftspolitisch regressiver Entwicklungen wird offenkundig auch grundsätzlich hinterfragt, wo Systembrüche in Strukturen für eine andere Welt notwendig sind.

    3. Die Geschichte der LINKEN lässt sich natürlich auch im Kontext gesellschaftlicher Entwicklungen, Megatrends und europäischer oder globaler Bezüge verstehen. Hervorgegangen aus Reformbemühungen der staatssozialistischen SED im Zusammenbruch des Realsozialismus der DDR, in kritischer Auseinandersetzung mit Fehlern der eigenen Bewegung, im Bruch mit dem Stalinismus als System und in der Hinwendung zu demokratischem Selbstverständnis, als Interessenvertretung der Ostdeutschen, aus dem unzureichenden Versuch, daraus eine gesamtdeutsche linkssozialistische Partei relevant neben der SPD zu etablieren, folgte die zweite Wendung durch die Fusion mit der WASG mit wieder neuen Mitgliedern und Wählerschichten im Abwehrkampf gegen das System Hartz IV und neoliberale Politik. Das programmatische Auszehren, der Mangel an notwendigen inhaltlichen Klärungen mit Blick auf neue progressive Antworten auf aktuelle Fragen kulminierte zuletzt in der Spaltung, aus der der autoritäre Teil unter Sahra Wagenknecht das neue BSW begründete. Zu spät und zu zaghaft blieben die Versuche, der Abwendung der dramatisch weniger links Wählenden von der LINKEN etwas entgegenzusetzen. Erst die anhaltende Rechtsentwicklung, die Demokratiegefährdungen durch die erstarkende AFD und primär das Handeln der Merz-Union zu Beginn 2025 ließen das Bedürfnis hunderttausender Wählenden nach einer konsequenten linken Kraft wieder entstehen. Mit diesen Entwicklungen waren auch nach der Abspaltung des BSW wieder Mitgliederzuwächse in Größenordnung zu verzeichnen.

    4. Auf die beschriebenen Veränderungen in der Parteigeschichte haben die Mitglieder mit ihren Debatten reagiert und dabei auch thematische Zusammenhänge sowie Strömungen gebildet, die sich inhaltlich eingebracht, aber zuweilen auch harte Auseinandersetzungen geführt, Parteidebatten dominiert und blockierte Situationen geschaffen haben. Es bleibt stets eine Frage, ob neben den örtlichen Strukturen und zu den fachlichen Zusammenschlüssen auch Strömungen konstruktiv zur Stärkung und zum Erfolg einer Partei beitragen können. Dies war und ist eine Herausforderung, der sich das fds in den letzten Jahren besonders gestellt hat. Entstanden nach der Niederlage der PDS 2002 als Netzwerk für einen Erneuerungsimpuls und konstituiert im Fusionsprozess mit der WASG, um die reformerischen demokratischen Herangehensweisen aus PDS-Erfahrungen zu erhalten, mit programmatischen Impulsen aktiv und als politische Heimat und Arbeitsplattform war das fds wirkmächtig und erfolgreich. Dankbar ist auf über zwanzig Jahre dieser Entwicklung zurückzuschauen, die durch großes ehrenamtliches politisches Engagement unserer Mitglieder in verschiedensten Positionen ermöglicht wurde. Zugleich waren auch wir als Teil der innerparteilichen Auseinandersetzungen nicht ohne Anteil an entstandenen Blockaden. Spürbar war zuletzt auch die nachlassende Bedeutung von Strömungen und im massiven Abwärtstrend der Linken schienen sie geradezu überflüssig. Damit haben wir uns selbstkritisch und ergebnisoffen auseinandergesetzt.

    5. Das Netzwerk Progressive Linke hat sich wesentlich im Prozess um die Richtungsauseinandersetzung mit Sahra Wagenknecht und im Umgang mit ihr zusammengefunden, um emanzipatorische Ansätze linker Politik zu stärken und in der Migrationspolitik weiter ein universalistische und solidarische weltoffene Linien zu verfolgen. Bewusst sollte keine neue Strömung für innerparteiliche Auseinandersetzungen formiert werden. Mit dem inkonsequenten Erneuerungsprozess im Zuge der Abspaltung des BSW, Zerfallsprozessen und Auseinandersetzung um Antisemitismus auch unter Linken verließen zahlreiche Mitglieder die Partei, blieben der Linken aber verbunden und im Netzwerk aktiv. Mit der Vereinsgründung sollte die Möglichkeit, ein eigenständiger linker Zusammenhang zu bleiben, institutionalisiert werden. Dabei waren auch pessimistische Einschätzungen zur Reformierbarkeit der Linken mit ausschlaggebend.

    6. Die aktuelle gesellschaftliche Situation in Deutschland erfordert eine politische Kraft, die demokratische Diskurse stärkt, Teilhabe weit gefasst ermöglicht, Rechtsextremismus bekämpft, soziale Gerechtigkeit beim Wohnen und in den Sozialsystemen stärkt, dafür Strukturen der Daseinsvorsorge und des Gemeineigentums sichert und dabei konsequent auf die biophysikalische Existenzkrise reagiert. Der Trumpismus droht auch in Deutschland wie das Einbrechen der Brandmauer gegen Rechts. Hier muss eine strategische Debatte ansetzen und politische Schlussfolgerungen für sinnvolles, verantwortungsvolles und wirkmächtiges Handeln der Linken erreichen.

    7. Gegen den globalen Rechtsruck, die Bedrohung der Demokratie von Innen und Außen durch Trump und Putin (und ihre Proxys hierzulande) und gegen die Leugner der Klimakrise braucht es eine konfliktbereite und bündnisfähige linke Kraft, die dazu beiträgt, dass es in Deutschland in absehbarer Zeit eine Mehrheit für eine progressive Politik, für Umverteilung, sozial-ökologische Transformation und Erneuerung der Demokratie in der EU gibt.

    8. Der immense Zuwachs an Mitgliedern seit der Abspaltung des BSW und nochmals zunehmend im Umfeld der Welle von Demokratiedemonstrationen 2024/25, der Bewegung gegen den allgemeinen Rechtsruck und immer restriktivere und inhumane Geflüchtetenpolitik, zum Ende der Ampel-Koalition und um die vorgezogene Bundestagswahl bringt eine deutlich veränderte Zusammensetzung und neue Mitgliederstärke der Linken, die organisatorisch und auch inhaltlich bewältigt werden muss. Was möchten die neuen Mitglieder einbringen? Wie führen wir in der neuen Zusammensetzung nicht alte Debatten, sondern Diskussionen zu gemeinsamen Zielen und Strategien?

    9. Zugleich ist es wichtig, den Erwartungen der Hunderttausenden neuen Wählenden nachzugehen, die vorher SPD oder Grüne gewählt haben, um politische Angebote daraus zu entwickeln. Insbesondere die sozialökologische Transformation, die unter der CDU-geführten Koalition unter die Räder zu geraten droht, ist hier ein zentrales Aktionsfeld.
       
    10. Linke Kräfte in anderen Ländern haben seit vielen Jahren auch mit relevanten Umbrüchen zu kämpfen. Die Neuformierungen allein schon in den europäischen Staaten Spanien, Portugal, Italien, Belgien, Griechenland, Polen oder Frankreich sind jeweils sehr spezifisch, wie auch die Wellen des Erfolgs oder Zerfalls. Insofern sind wir in Deutschland in europäischer Normalsituation. Auch die europäische Sozialdemokratie ist seit den 1990er Jahren insgesamt schwächer geworden – meist ohne dass linke Kräfte dies auffangen konnten. Es bleibt wichtig, die Diskurse zu den Erfahrungen zu führen und zugleich jeweils aktuelle eigene Antworten auf die konkreten Herausforderungen zu finden. Erfahrung lassen sich übernehmen, aber nicht simpel aus anderen regionalen Kontexten kopieren.

    11. Verändert hat sich der Rahmen für politisches Handeln durch Personenparteien, durch veränderte Diskurse über Social Media, mediale Vielfalt und Mechanismen und damit kommunikative Bedingungen. Rechtspopulistische Parteien nutzen diese Situation sehr erfolgreich. Hierauf muss auch von links reagiert werden, wobei bewegter Linkspopulismus nicht populäre, personenbezogene und in der Kommunikation fokussierte linke Politik ersetzen sollte. Der aufklärerische Grundansatz linker Politik und auch die basisdemokratische und kritisch-kontroverse Debatte zur innerparteilichen Positionsfindung bleiben für eine progressive linke Partei essenziell. Dafür stand und steht das fds als Zusammenschluss innerhalb der Linken ein.

    12. Die Defizite aus einer viel zu spät begonnenen Programmdebatte und einer bestenfalls marginalen Strategiedebatte, der oft einseitige Fokus auf Bewegungspolitik, Aktivismus und Kampagnen, die damit verbundenen inhaltlichen Verengungen und die zu profane Tendenz zur kontextunabhängigen Übernahme einzelner guter Erfahrungen von Partnerparteien, Schwächen in aktuell zentralen außenpolitischen Positionierungen, das Wiederaufleben der Regierungsdebatte an sich, bündnispolitische Zurückhaltung und Gefährdungen durch Antisemitismus motivieren uns, vor dem Hintergrund der o.g. Herausforderungen, der schwierigen Lage und zugleich der Erwartungen und neuen Chancen wieder aktiver zu werden und eigene radikalreformerische Vorstellungen in der Linken einzubringen.

    13. Die Mitglieder der Strömung Forum Demokratischer Sozialismus und des Netzwerkes Progressive Linke sehen sich in der Verantwortung, sich zusammenzuschließen und gemeinsam mit weiteren neuen bislang strömungsungebundenen Mitgliedern in der Linken für eine zeitgemäße radikalreformerische linkssozialistische Politik zu streiten und dafür in der laufenden programmatischen Debatte eigene Impulse zu geben. Konzeptionelle Vorschläge und strategische Positionen sollen in den innerparteilichen Diskurs eingebracht werden. Wir werben um Mitstreitende in der Breite der Partei und darüber hinaus, um im Interesse eines politischen Erfolgs der Linken, im Selbstverständnis als politisch werbender Partner mit eigenen Positionen Mehrheiten für gesellschaftliche Veränderungen zu finden.

    14. Es gilt, durch kluge Politik in Inhalt und Form den Wert und den Gebrauchswert der Linken zu entwickeln und wirkmächtig zu machen. Demokratisch-sozialistische Politik soll die Welt, die Gesellschaft und die Lebensbedingungen Aller verbessern und dafür werben, einbeziehen, aktivieren und Hoffnung geben.

    15. Die Mitgliederversammlung des Forums Demokratischer Sozialismus (fds) beschließt die Umbenennung des satzungsgemäßen Zusammenschlusses in „Demokratische Linke“ (DL) mit sofortiger Wirkung. Eine bestehende Mitgliedschaft im fds wird automatisch in der Demokratischen Linken (DL) fortgeführt. Den bestehenden Landesstrukturen des fds empfehlen wir eine analoge Umbenennung.

  • Programm

    Programm

    Erneuerung der Linken organisieren

    fds-Akademie und Herbsttreffen der Progressiven Linken

    • 29./30. November 2025

    Gut Graßdorf, Am Volksgut 2, 04425 Taucha

    Programm für Sonnabend, den 29.11.2025

    Anreise und Anmeldung mit Teilnahmebeitrag ab 10.00 Uhr

    1.       Auftakt: Die Linke erneuern (11.00 Uhr bis 12.30 Uhr)
    Luise Neuhaus-Wartenberg und Christoph Spehr

    • Eingangsstatements und Debatte

    Mittagspause

    2.       Panel I: Demokratie verteidigen, aber wie? (13.30 Uhr bis 15.30 Uhr)

    • Johannes Kiess (stellv. Direktor des Else-Frenkel-Brunswik-Institut)
    • Kerstin Köditz (Sprecherin VVN/BdA LV Sachsen)

    Moderation: Sabine Berninger

    3.       Panel II: Umbruch der Weltordnung: Auf der Suche nach einer linken Außenpolitik (16.00 Uhr bis 18.00 Uhr)

    • Pascal Beucker (Journalist und Autor, taz)
    • Janina Böttger (MdB)
    • Johanna Bussemer (rls) – digital zugeschaltet
    • Martin Schirdewan (MdEP, Vorsitzender der Linksfraktion)

    Moderation: Kajo Tetzlaff

    Pause

    4.      Großes öffentliches Abendpodium (19.00 Uhr bis 21.00 Uhr)

    Wie kommt progressive Politik wieder in die Offensive?

    • Bodo Ramelow (MdB, Vizepräsident des Deutschen Bundestags)
    • Carsten Sieling (Erster Bürgermeister a.D. der Hansestadt Bremen, SPD)
    • Anna Lehmann (Leiterin des Parlamentsbüros der taz)
    • Madeleine Henfling (ehem. Mitglied der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Thüringer Landtag) – digital zugeschaltet

    Moderation: Konstanze Kriese

    Austausch, Musik und Tanz mit DJ Lutz

    Programm für Sonntag, den 30.11.2025

    • Nur für Mitglieder des fds: Bundestreffen 10.00 Uhr bis 11.00 Uhr

    5.       Panel III: Was macht Die Linke mit ihrem Erfolg? Strategische und programmatische Fragen (11.00 Uhr bis 13.00 Uhr)

    • Sabine Ritter (stellv. Parteivorsitzende Die Linke)
    • Benjamin-Immanuel Hoff (Mitglied der Programmkommission der Linken)
    • Anne Helm (Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin)

    Moderation: Markus Pohle

    6.       Resümee und Ausblick: Reformkräfte auf dem Weg! Eine demokratische Linke formieren.

    • Einstieg durch Christoph Spehr und Luise Neuhaus-Wartenberg

    Moderation: Michael Bittner

    Um Anmeldung wird gebeten: anmeldung@forum-ds.de

    Teilnehmendenbeitrag 30 Euro (ermäßigt 15 Euro; Großes öffentliches Abendpodium ohne Kostenbeitrag)

    Informationen zum Aufruf unter www.forum-ds.de

  • Die Erneuerung der Linken organisieren

    Gemeinsamer Aufruf des Forum Demokratischer Sozialismus und des Netzwerks Progressive Linke

    Die Welt droht in die Hände der radikalen Rechten zu fallen. Das ist keine rhetorische Figur, sondern es passiert bereits. In den USA betreibt Donald Trump den Abbau der Demokratie. Viele Länder Europas werden unter Beteiligung rechtsextremer Parteien regiert. Die AfD hat einen klaren strategischen Plan: Sie will die Große Koalition im Bund sprengen, um zu einer Regierungsbeteiligung zu gelangen. Die Stärke der Rechten übt erheblichen Druck auf öffentliche Meinung und Regierungshandeln aus. Immer mehr verbreitet sich die Haltung, die globalen Probleme (Klimakrise, Armut, Krieg) ließen sich ohnehin nicht lösen. Nur eine Politik des nationalen und sozialen Egoismus könne sich in einer Welt behaupten, die nun mal vom Recht des Stärkeren bestimmt sei. Währenddessen wird die Zeit knapp, in der wir noch mit verhältnismäßig geringen Erschütterungen eine ökologische Krise vermeiden können, die die Existenz der Menschheit gefährdet.

    Wir wollen dem nicht tatenlos zusehen. Wir wollen nicht nur vor dieser Entwicklung warnen, wir wollen sie verhindern und umkehren. Wir wollen, dass nicht die rechte Agenda die gesellschaftliche Debatte und die reale Politik bestimmt, sondern die linken Leitideen: soziale Gleichheit, gesellschaftliche Rationalität, Kritik der Eigentumsverhältnisse, internationale Solidarität, globale Kooperation. Dazu kann und muss die Linkspartei einen entscheidenden Beitrag leisten.

    Gegen globalen Rechtsruck, Klima- und Umweltkrise, beschleunigt wachsende Ungleichheit und die Zerstörung der Demokratie brauchen wir eine linke Kraft, die bereit ist, in die Konflikte zu gehen, aber auch Bündnisse zu schließen. Sie soll dazu beitragen, in Deutschland und Europa in absehbarer Zeit Mehrheiten für eine progressive Politik zu schaffen. Das muss im Zentrum einer strategischen Debatte stehen.

    1. Die Auseinandersetzung aufnehmen: Hegemonie in der gesellschaftlichen Debatte gewinnen

    Die Linke muss gesellschaftliche Deutungsmacht zurückgewinnen. Die Menschen müssen erkennen können, dass wir überzeugende Lösungen für die Probleme anbieten, die sie als drängend empfinden. Das waren in den vergangenen Jahren, in wechselnder Reihenfolge: soziale Sicherheit, Migration, Wirtschaftsentwicklung, Klimakrise, Friedenssicherung, innere Sicherheit. Gemeinsam ist diesen Problemen, dass sie mit einem tiefen Gefühl der Verunsicherung verbunden sind: Wie können sich Deutschland und Europa in einer sich so rasch verändernden Welt behaupten?

    Diese Probleme sind real. Wir müssen die Menschheit davor bewahren, in der planetaren Existenzkrise in den Abgrund zu rasen. Wir müssen die Bedürfnisse anderer Weltregionen nach Gleichheit und Emanzipation anerkennen. Wir müssen die Lage derjenigen verbessern, die in den fortgeschrittenen Industrienationen bisher von privatem Vermögen ausgeschlossen sind. Das ist die Mehrfachaufgabe, vor der die gesellschaftliche Linke steht. Wenn sie diese Aufgabe nicht bewältigt, werden die gewinnen, die auf die Schlacht aller gegen alle setzen.

    In der Auseinandersetzung mit der radikalen Rechten kämpfen wir auch gegen ein völlig gegensätzliches Verständnis von Politik. Es geht der radikalen Rechten nicht darum, für gesellschaftliche Probleme alternative Lösungen anzubieten, die sich in der Realität bewähren können. Ihre Strategie zielt darauf ab, Unzufriedenheit, Empörung und Entsolidarisierung immer weiter zu steigern, um politische Macht zu erringen. Danach wollen sie den Staatsapparat autoritär umbauen und die meinungsprägenden Institutionen kontrollieren, um ihre Machtübernahme unumkehrbar zu machen.

    Die Linke kann und darf diese regressive Strategie nicht nachahmen. Sie muss Antworten geben, die an die gesellschaftliche Debatte anschließen und auf Zustimmung stoßen können, weil sie sich auf Augenhöhe mit der Wirklichkeit bewegen. Dafür braucht Die Linke eine programmatische und strategische Erneuerung.

    • Die Machtfrage stellen: Für eine Mitte-Links-Mehrheit im Bund, die AfD von Regierungsmacht fernhalten

    Es braucht auf Bundesebene eine handlungsfähige Regierungsmehrheit ohne CDU und FDP und unter Einschluss der Linken: Rot-Rot-Grün – was sonst? Auf Länderebene haben wir gezeigt, dass eine solche Konstellation funktioniert. Sie ist auch auf Bundesebene keine Utopie: 2005 und 2013 hätten SPD, Grüne und Linke gemeinsam im Bundestag eine parlamentarische Mehrheit gehabt. Das kann auch 2029 wieder möglich werden.

    Die Regierungskoalitionen der letzten Jahre waren alle in entscheidenden Fragen blockiert. Sie konnten die Herausforderungen der Zeit nicht entschlossen angehen, was das Vertrauen in Politik weiter geschwächt hat. Andere politische Kräfte arbeiten auf eine Mitte-Rechts-Koalition hin. Sie wird früher oder später kommen, wenn wir die Alternative einer Mitte-Links-Regierung nicht offensiv vorbereiten.

    Antifaschistische Politik muss das Ziel verfolgen, die AfD von jedem Einfluss auf Bundes- und Landesregierungen fernzuhalten. Das kann, bei aller Widersprüchlichkeit, auch Kooperationen mit der CDU erfordern, zum Beispiel, wenn es um Mehrheiten in Landtagen oder um Zweidrittelmehrheiten im Bundestag geht. Die Bundestagsfraktion der Linken und die Fraktionen in Thüringen und Sachsen haben sich dieser Herausforderung bereits gestellt. Sie haben Blockaden verhindert, die nur der AfD genützt hätten. Diesen Weg müssen wir weiter gehen.

    Es ist richtig, dass sich der Aufstieg der radikalen Rechten nur durch eine andere Politik brechen lässt. Aber es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen der „normalen“ politischen Rechten und der extremen Rechten, zwischen CDU und AfD. Die einen machen falsche Politik, aber die anderen kündigen die Menschenrechte auf und arbeiten bewusst an der Zerstörung der demokratischen Institutionen. Diesen Unterschied darf antifaschistische Politik nicht verwischen. Wenn die fortschrittlichen Kräfte nur Bündnisse mit sich selbst schließen wollen, werden sie Faschisten nicht von der Macht fernhalten können.

    • Die Krise verstehen (I): Krise der Politik, Krise der Demokratie

    Die Politik, die Demokratie und die Linke befinden sich zugleich in einer Krise. Die hat ihren Ursprung in einem tiefen Umbruch der globalen Ökonomie und Gesellschaft, der zu vielen Brüchen und Ungleichzeitigkeiten führt. Die Informations- und Kommunikationstechnologien entwickeln sich sprunghaft. Ehemalige Entwicklungs- und Schwellenländer emanzipieren sich ökonomisch und politisch. Beide Entwicklungen verändern tiefgreifend die globalen Macht- und Kräfteverhältnisse. Eine erstmals wirklich globale Produktions- und Lebensweise entsteht.

    Ungleichzeitig und unvollständig ist diese Entwicklung, weil Wirtschaften und Gesellschaften längst über Grenzen hinweg miteinander vernetzt sind, die Politik aber immer noch vor allem von Nationalstaaten gemacht wird. Die Ansätze für eine Politik jenseits der nationalen Ebene sind noch schwach. Außerdem sind es vor allem die Mächtigen, die profitieren. Die Vorteile der Globalisierung werden sehr ungleich verteilt. Weltweit mobile Konzerne und Vermögende gewinnen immer mehr Macht über die Produktions- und Lebensweise und verschärfen durch ihr Handeln die ökologische Existenzkrise. Ihnen gegenüber können nationale Regierungen  materielle Umverteilung und demokratische Regulierung kaum mehr durchsetzen.

    Die Digitalisierung bietet enorme Möglichkeiten. Aber in den unterschiedlichen Spielarten des digitalen Kapitalismus werden diese vor allem privatmonopolistisch oder staatsautoritär kontrolliert und ausgebeutet. Die hochkomplexen Steuerungsmöglichkeiten, die auf der Verarbeitung großer Datenmengen und selbstlernenden Systemen beruhen, werden entwickelt und genutzt, ohne dass deren Logik demokratisch beeinflusst würde. Eine neue Form der Entfremdung entsteht: Je mehr wir digital konsumieren, produzieren und interagieren, desto ohnmächtiger werden wir, desto mehr Kontrolle über unser Verhalten, unser Denken und unsere Meinungsbildung geben wir ab. Auch die Spaltung der Arbeit verschärft sich. Zwar kennt der digitale Kapitalismus kein geografisches System von Zentrum und Peripherie, wohl aber ein funktionales. An dessen Rand schuftet ein digitales Proletariat, das die Pakete liefert oder die KIs trainiert.

    In der Folge all dieser Umbrüche erscheint Politik als schwach. Die Demokratie bricht ihr Versprechen, den gesellschaftlichen Mehrheitswillen praktisch umzusetzen. Der soziale Wohlfahrtsstaat des Westens, aber auch die nachholende Entwicklung nicht-westlicher Länder beruhten auf bestimmten, miteinander zusammenhängenden Bedingungen. Eine hohe Produktivität, ein aktiver Staat mit großem öffentlichem Sektor, die Vergesellschaftung von Reproduktion durch öffentliche Daseinsfürsorge und eine selbstreflexive, aufgeklärte Gesellschaft bedingen sich gegenseitig und führen zu mehr individueller Emanzipation, mehr Gleichheit und mehr Pluralität. Dieser Zusammenhang kann heute kaum noch durchgesetzt werden, weil die gesellschaftliche Integration national geblieben ist, während die Profite international gemacht werden. Zudem werden die größten Gewinne nicht mit überlegener Produktivität erzielt, sondern durch Monopol- und Kontrollmacht.

    Die Anfälligkeit der größten Konzerne für antidemokratische und manchesterkapitalistische Politik hat hier ihre Wurzel. Der historische Klassenkompromiss zwischen Arbeit und Kapital wird von der Kapitalseite seit den 1970er Jahren Zug um Zug aufgekündigt. Das klassische sozialdemokratische Versprechen, alle Beschäftigten und Vermögenslosen zumindest am wachsenden gesellschaftlichen Wohlstand teilhaben zu lassen, hängt zusehends in der Luft. Davon sind alle Kräfte und Parteien des progressiven Spektrums betroffen.

    • Die Krise verstehen (II): Krise der Reproduktion, Krise der Gleichstellung

    Die technologische Entwicklung und der Ausbruch der größten Länder des globalen Südens aus der Hierarchie von Zentrum und Peripherie hat weltweit eine Milliarde Menschen aus der absoluten Armut herausgeführt. Ungesteuert und auf Basis des alten industriellen Wohlstandmodells hat dies aber dazu geführt, dass die biophysikalischen planetaren Belastungsgrenzen, innerhalb derer ein sicheres Überleben der Menschheit möglich ist, eine nach der anderen überschritten werden. Die Erderhitzung, der Verlust von Biodiversität, die Bodenversiegelung, der Wassermangel und viele weitere Probleme sind Teil dieser ökologischen Krise.

    Der Flirt des Kapitals mit Gleichstellung und Diversität ist vorbei. Die Interessen der dominanten Technologiekonzerne („Big Tech“) führen zu einer Krise von Reproduktion und Gleichstellung: Wo alle im Job stets verfügbar sein und immer intensiver arbeiten sollen, ist der Anspruch auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur noch im Weg. Der monopolistische Zugriff auf die Logistikketten macht die Existenz vieler Frauen, die an der Schnittstelle zwischen familiärer Ökonomie und Markt arbeiten, immer prekärer. Weil neoliberale Regierungen zugunsten des Kapitals umverteilen, bleibt immer weniger Geld in den öffentlichen Kassen und damit auch für die öffentliche Daseinsfürsorge. Die zaghaften Ansätze dazu, die Unternehmen an den gesellschaftlichen Kosten ihrer Produktion zu beteiligen, werden vielfach wieder beerdigt. Stattdessen werden die sozialen und ökologischen Kosten immer brutaler externalisiert, also auf die Gesellschaft abgewälzt. Die Sphäre öffentlicher Daseinsfürsorge wird mit offener Verachtung behandelt. All dies gipfelt in einem patriarchalen Eskapismus, der sich lieber mit Marskolonien beschäftigt als mit der Krise der Sozialsysteme und der familiären Ökonomien.

    Die Krise der Reproduktion schlägt auch auf die Migrationsbewegungen durch. Zum einen entstehen durch Konflikte und Umweltschädigung neue Fluchtbewegungen. Zum anderen entsteht ein Gefälle zwischen Gesellschaften, wo die wirtschaftliche Entwicklung nicht mit dem Wachstum der jungen Bevölkerung schritthalten kann, und hochindustriellen Gesellschaften, wo die Bevölkerung überaltert und schrumpft. Wir benötigen im Interesse gesellschaftlicher Entwicklung faire und gerechte Migrationssysteme, die auch den individuellen Bedürfnissen von Menschen Rechnung tragen, sich zeitweilig oder dauerhaft einen neuen Lebensort zu suchen. Ganz im Gegensatz dazu steht die nationalchauvinistische Strategie, die zwar gerne von der Arbeitsleistung im Ausland profitiert, sich gegen Menschen aus dem Ausland aber abschotten will.

    Feminismus, Antirassismus, Ökologie und Internationalismus rücken damit wieder näher mit der Frage danach zusammen, wie wir die Dominanz des Kapitals überwinden können. Diese Frage kann nur eine Politik des demokratischen Sozialismus aufgreifen, an dessen feministischer, antirassistischer und ökologischer Ausrichtung kein Zweifel besteht, weil er sie nicht als Äußerlichkeit behandelt.

    • Die Konsequenzen ziehen: Demokratischen Sozialismus erneuern, nationale Beschränktheit überwinden

    Vor diesem Hintergrund gewinnen Autoritarismus, Nationalchauvinismus, patriarchales Rollback und Entsolidarisierung an Boden. Vor den globalen Herausforderungen wird bewusst kapituliert, während ein neuer Monopolkapitalismus wächst und immer mehr Staaten militärische Interessenpolitik betreiben. Während sich lange Zeit fast alle Befreiungs- und Emanzipationsbewegungen am Konzept eines demokratischen Sozialismus orientierten, ist diese Orientierung nun in der Defensive. Der demokratische Sozialismus kann eine neue Aktualität gewinnen, aber nur, wenn er sich erneuert und auf der Höhe der Zeit weiterentwickelt.

    Der drohende Rückfall in ein düsteres, autoritäres Zeitalter ist das Ergebnis von zahlreichen Krisen, die alle mit der unvollständigen Globalisierung zusammenhängen, also mit der fehlenden politischen Regulierung wirtschaftlicher Globalisierungsprozesse und deren Folgen. Die fortschrittliche Konsequenz daraus lautet: Die nationale Beschränktheit von Politik muss überwunden werden. Staatlichkeit muss in größeren Einheiten gedacht werden, transnationale Regulierungsformen müssen massiv ausgebaut und demokratisiert werden.

    Die Linke muss ihre zögerliche Haltung zum Prozess der europäischen Integration aufgeben und klar sagen: Ohne die Entwicklung der EU zu einem handlungsfähigen, föderalen Staat ist kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Die vorhandenen Ansätze zu einer globalen Staatlichkeit müssen ausgebaut werden. Das Ziel sollte eine Ordnung mit den Vereinten Nationen im Zentrum sein, die global vereinbarte Regulierung auch durchsetzen kann. Staatlichkeit auf europäischer Ebene muss sich insbesondere in der Regulierung des digitalen Kapitalismus bewähren. Nur wenn wir die europäische Demokratie verteidigen und die Europäische Union zu einer europäischen Republik weiterentwickeln, können wir die demokratische Handlungsfähigkeit im internationalen Maßstab zurückgewinnen. 

    Die zweite Konsequenz ist: Die Linke muss unwiderruflich brechen mit dem Politikansatz einer autoritären Linken, egal welcher Art, Traditionslinie oder Bewegungsform. Wir wollen keinen Sozialismus ohne Demokratie. Anders können wir uns weder klar von der autoritären Rechten abgrenzen noch eine ernstzunehmende sozialistische Politik betreiben. Demokratie ist für uns kein taktisches Zugeständnis an die Vermittelbarkeit des Sozialismus heute, sondern eine zentrale Lehre aus unserer linken Geschichte: Moderne, komplexe Gesellschaften brauchen den Ausbau des Gemeinsamen, von kollektiven Eigentumsformen und materieller Gleichheit. Deswegen sind wir Sozialist*innen. Aber diese Formen der Gemeinschaft müssen durch Institutionen eines demokratischen Rechtsstaates vermittelt und begrenzt werden. Deswegen sind wir Demokrat*innen.

    Ein moderner demokratischer Sozialismus hält an der historischen Erfahrung fest: Staatssozialismus ist keine Lösung. Die staatssozialistischen Wirtschaftsformen haben Ineffizienz, Entfremdung und Externalisierung nicht abgeschafft, sondern teilweise sogar gesteigert. In komplexen Gesellschaften müssen auch die Interessen der Betriebe, die unternehmerisch handeln, ihren Ausdruck und ihre Berücksichtigung finden. Es muss ein Gleichgewicht zwischen Effizienz und Innovation einerseits, Demokratie, Reproduktion und Gleichheit andererseits gefunden werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten private, öffentliche und gesellschaftliche Eigentumsformen nebeneinander existieren, wenngleich insgesamt ein Übergewicht des öffentlich-gesellschaftlichen Eigentums erforderlich ist.  

    Die Linke braucht eine realistische, belastbare und beschreibbare Alternative zum Kapitalismus, wie wir ihn heute wieder verschärft erleben, wenn sie ihn ernsthaft überwinden will. Ein hilfloser Antikapitalismus, Zusammenbruchphantasien, oder eine vermeintliche „Klassenpolitik“, die sich in anti-westlichen Ressentiments oder anti-demokratischen Ressentiments erschöpft, sind dagegen für den digitalen Monopolkapitalismus und seine Strategie der Spaltung keine Gefahr.

    • Klarheit zurückgewinnen: Für eine verantwortliche Linke

    Vieles zur grundsätzlichen Strategie einer linken Partei ist bereits in unserem Erfurter Programm gesagt. Um die Kräfte- und Machtverhältnisse in der Gesellschaft zu verändern, sind alle Elemente des „Strategischen Dreiecks“ wesentlich: außerparlamentarischer Druck; Teilhabe an politischer Macht in Parlamenten und Regierungen; Aufzeigen grundsätzlicher Alternativen, die über die jetzigen Grenzen des Systems hinausgehen. Nehmen wir alle drei Seiten des Strategischen Dreiecks ernst, dann müssen wir auch Widersprüche zwischen ihnen aushalten. Wirksame Politik zu machen bedeutet, konkrete Entscheidungen zu fällen und ins Risiko zu gehen.

    Wir nehmen demgegenüber eine verbreitete Stimmung wahr, die sich eine einfachere Strategie wünscht: ohne Widersprüche und Abwägungen, ohne konkrete Verantwortung, ohne die konflikthafte Kooperation mit politischen Akteuren, die andere Auffassungen haben als wir. Wir finden das verständlich, aber falsch. Ohne die Bereitschaft zu politischer Mitgestaltung, ohne Reformstrategien, ohne Kompromisse und ohne das Ringen um konkrete Antworten auf konkrete Probleme lässt sich Gesellschaft nicht verändern. Gerade die kommunalpolitische und landespolitische Arbeit ist das, was linke Politik im Alltag von Menschen sichtbar macht und uns mit engagierten Bürger*innen verbindet. Nur der Einsatz für konkrete Veränderungen verankert die Partei in der Gesellschaft und stärkt Demokratie an der Basis. Das geht nur, wenn man sich auf andere Sichtweisen auf Probleme einlässt, Kompromisse sucht und bündnispolitische Erfahrung sammelt.

    Problematisch wird der Wunsch nach der neuen Einfachheit dann, wenn er Widersprüche wegdrückt, Prinzipien aufgibt und falsche Allianzen eingeht. Der Wunsch nach Frieden darf nicht dazu führen, sich von der Idee des gerechten Friedens zu verabschieden. Eine Appeasement-Politik, die die Selbstbestimmung der Ukraine aus Bequemlichkeit opfert, ist ebenso wenig links wie eine Nahost-Politik, die reaktionär-faschistische Kräfte als antikoloniale Befreiungskämpfer durchgehen lässt. Dasselbe gilt für eine Rhetorik, in der der Begriff „Klasse“ nur ein Codewort für Fundamentalismus und Re-Maskulinisierung ist.

    Das heißt nicht, dass eine Kritik der westlichen Ukraine-Politik, eine Mobilisierung gegen den völker- und menschenrechtswidrig geführten israelischen Krieg und der Kampf für den besonders unter Druck stehenden Teil der abhängigen Klasse nicht notwendig wären. Aber wir bilden keine Allianzen mit Kräften, die die Demokratie zerstören wollen, ein autoritär-patriarchales Weltbild hochhalten und eine plurale Gesellschaft ablehnen. Hinter dieses Maß an politischer Klarheit dürfen wir niemals zurückfallen.

    • Politische Risiken eingehen: Eine neue politische Plattform gründen

    Wir halten es, ausgehend von all diesen Überlegungen, für sinnvoll, sich innerparteilich neu zu organisieren. Wir wollen einen breiten Zusammenschluss schaffen für alle, die eine Erneuerung hin zu einer modernen, progressiven Linken für notwendig halten. Der Zusammenschluss soll dabei eine doppelte Funktion als Plattform und als Diskurs- und Möglichkeitsraum erfüllen.

    Es geht um eine Plattform für eine moderne linke Partei, die konkrete Reformstrategien verfolgt; konsequent fortschrittliche Werte vertritt; sich als Teil der Gesellschaft versteht und sie in ihrer Pluralität annimmt; die Demokratie als historische Errungenschaft verteidigt und weiterentwickelt; aus Fehlern und Irrwegen linker Bewegungen lernt; eine zeitgemäße Vision eines demokratischen Sozialismus entwickelt, die nicht in Vorstellungen und Rhetorik des 19. und 20. Jahrhunderts stecken bleibt; die ihren Internationalismus aus einer realistischen Analyse der Weltlage entwickelt; die konsequent für Menschen- und Völkerrecht, eine Vertiefung der europäischen Einigung und eine UN-zentrierte Weltordnung eintritt; die die Dringlichkeit der kollektiven Existenzgefährdung durch das Überschreiten der planetaren Grenzen wirklich ernst nimmt. Eine Plattform für eine linke Partei, die sich alle drei Seiten des „Strategischen Dreiecks“ zutraut und dabei offen mit Widersprüchen, Rahmenbedingungen und Grenzen des gegenwärtig Möglichen umgeht.

    Es geht gleichzeitig um einen Diskursraum für die notwendige programmatische Erneuerung der Partei Die Linke. Parteitage und Regionalkonferenzen werden dafür nicht ausreichen. Wir brauchen einen Ort, wo es möglich ist, auf einer klaren Grundlage über mögliche Antworten auf die benannten Herausforderungen zu sprechen. Wir wollen Lösungen entwickeln, statt immer wieder die gleichen, unfruchtbaren Debatten über die reine Lehre führen zu müssen.

    Ein besonderes Anliegen ist uns die Programmdebatte. Sie ist dringend erforderlich, um linke gesellschaftliche Hegemonie und strategische Klarheit zurückzugewinnen. Die konkreten Teile des Programms zu Außen- und Friedenspolitik, sozial-ökologischem Umbau, Arbeit/Soziales, Demokratisierung, Bildung und zur EU sind zeitgebunden und erneuerungsbedürftig. Von den großen gesellschaftlichen Debattenfeldern wären mindestens Wirtschaft und Migration zu ergänzen. Zentralismus und bloße Formelkompromisse sind keine Lösung. Wir brauchen eine diskutierende und lernende Partei, die mit der Veränderung der Verhältnisse auch ihre Antworten verändert, selbst wenn das unbequem, verunsichernd und anstrengend ist.

    Das Forum demokratischer Sozialismus und das Netzwerk Progressive Linke wollen sich in eine solche neue innerparteiliche Formation einbringen. Wie sie aussehen kann, wollen wir – neben vielen anderen Themen – gemeinsam auf dem Bundestreffen des fds am 29./30.11.2025 in Leipzig besprechen, zu dem das Netzwerk ebenfalls aufruft. Wir laden alle ein, die von ähnlichen Überlegungen bewegt sind und nach einem Ort suchen, wo sie mit diesen Überlegungen aufgehoben sind. Wir laden insbesondere auch Mitglieder ein, die in den letzten Monaten und Jahren neu eingetreten sind und die sich auf einen solchen Prozess einlassen wollen.

    Wir haben lange über einen passenden Schlusssatz für diesen Aufruf nachgedacht. Wir lassen ihn jetzt weg. Die Zukunft ist offen und das ist auch gut so.

  • Einladung & Aufruf

    Einladung & Aufruf

    Zum letzten Bundestreffen in Berlin haben wir über die Erfahrungen des fds und die Frage nach der aktuellen Notwendigkeit der Arbeit von Strömungen in der Partei gesprochen – eine Antwort sollte in diesem Jahr erst gegeben werden. Die Linke war seinerzeit in einem desaströsen Zustand und im Abwärtstrend bei Umfragen und Wahlen, auch nach der Trennung des BSW. 

    Diese Situation hat sich nun fundamental gewandelt durch die vielen Neueintritte und vor allem das historische Fenster, dass uns die Geschichte zu Beginn dieses Jahres neu gegeben und sich durch das überraschende und faszinierende Wahlergebnis bei der Bundestagswahl im Februar 2025 manifestiert hat. Doch wie diese Chance bewertet, eingeordnet und vor allem perspektivisch genutzt wird, ist noch offen. Wie können und wollen sich die neuen Mitglieder einbringen, die nun mehr als ein Drittel der Mitgliedschaft ausmachen, wie wollen sie Politik gestalten, was erwarten die vielen neuen Wählenden vom Februar von uns, insbesondere die über eine Million von SPD und Grünen?  

    In den letzten Monaten wurden vermehrt berechtigte Sorgen an uns herangetragen, dass eine top-down-Politik, sehr auf Aktionismus eingeengte, stark durch Populismus und gegen Gestaltungspolitik orientierte Linie ohne Basis einer wirklichen Wahlauswertung und anschließenden strategischen Debatte diese historische Chance verspielt und die Herausforderungen aus den Demokratiegefährdungen unserer Tage für kluge Bündnispolitik nicht annimmt. Es scheinen für viele Mitstreitende aus dem fds „alte“ Fragen, aber sie liegen gleichwohl wieder auf dem Tisch. Das ist ein Grund für eine Fortsetzung der Arbeit als Zusammenschluss und Strömung nach dem Statut. Es geht um wichtige Beiträge zur Ausrichtung der inhaltlich und personell natürlich bunt aufgestellten LINKEN in einer herausfordernden Zeit des krassen Rechtsrucks und autoritären Drucks weltweit, in Europa und Deutschland bis in unsere Kommunen hinein.

    Zugleich wissen wir um unsere Defizite, auch Fehler, aus den vergangenen Jahren. Viele Mitglieder haben resigniert die Linke verlassen, viele dabei auch uns. Neue Mitglieder in der Linken orientieren sich noch und Sympathisant:innen sind bei uns oder würden gut zu uns passen. Aber nicht einfach so im Modus des Weitermachens. Auch wir als Strömung brauchen neue Impulse, Ideen, Mitstreitende, Stärke für anstehende Debatten. Wir müssen uns der neuen Situation mit vielen neuen Mitgliedern und neuen Wähler:innenschichten öffnen. 

    Mit dem ebenso reformerisch denkenden, diskutierenden und handelnden neuen Netzwerk Progressive Linke verbindet uns seit Beginn deren Wirkens eine gute Zusammenarbeit. Es ist Zeit, die Kräfte reformorientierter Politik zu bündeln und gerade jetzt mit den Chancen durch neue Mitglieder zu verbinden. Der fds-Bundesvorstand hat deshalb einen Aufruf unterstützt, der aus diesen Debatten hervorgegangen ist. Dieser Aufruf beschreibt die gemeinsame Einschätzung zur derzeitigen Lage und zu den Herausforderungen moderner linker, progressiver, reformorientierter Politik. Er ist inhaltliche Basis für ein breit angelegtes Herbsttreffen, das wir mit unserem Bundestreffen verbinden. Zum fds-Bundestreffen diskutieren wir die nötigen Entscheidungen in Fortsetzung unserer Debatten der letzten Jahre und der im letzten Jahr aufgeworfenen Frage zur Strömungsarbeit und all das vor dem Hintergrund der Debatten zum Herbsttreffen Ende November in Leipzig.

    An einem gewohnt anspruchsvollen Programm arbeiten wir noch mit unseren Partner:innen vom Netzwerk. Den genauen Ablauf veröffentlichen wir in wenigen Wochen.

    Wir laden Euch herzlich am 29. und 30. November nach Leipzig, in das Gut Graßdorf, Am Volksgut 2, 04425 Taucha, ein.


    Der 29.11.2025 wird ab 11.00 Uhr inhaltlich bestimmt sein durch mehrere Panels, eine größere öffentlichkeitswirksame Abenddiskussion und natürlich Gelegenheit zum Austauschen bei tanzbarer Musik. 


    Am 30.11.2025 stehen noch eine Strategiedebatte und das Schlussplenum auf der Tagesordnung.

    Alle fds-Mitglieder laden wir schon jetzt für Sonntag, den 30.11.2025 um 10.00 Uhr, zu einer einstündigen (internen) Bundemitgliederversammlung ein, um die Beschlüsse zur weiteren Arbeit zu diskutieren und zu treffen. 

    Um dies im Zeitkorridor zu leisten und gut vorzubereiten, werden wir im Vorfeld noch zu einem online-Treffen der fds-Mitglieder einladen. Auch diese Einladung samt Termin und Viko-Link folgt rechtzeitig.
     
    Wenn Ihr mögt, meldet Euch doch schon jetzt an unter: anmeldung@forum-ds.de . Ihr wisst ja, die Handtücher für die guten Plätze müssen zeitig geworfen werden. Unterkünfte für das Wochenende müsstet Ihr Euch bitte selbst suchen oder organisieren.

    Wir würden uns diesmal erlauben, einen ermäßigten Teilnehmenden-Beitrag von 15€ für Schüler:innen, Auszubildende, Studierende oder finanziell zu Unterstützende zu erheben und einen regulären Beitrag in Höhe von 30€. Beide Arten von Beiträgen werden als Spende quittiert. Jeder Euro darüber hinaus ist sehr herzlich willkommen.

    Jenseits von einem ganz famosen Weekend sind ein Mittagessen für Sonnabend und Tagungsgetränke inklusive.

    Wir freuen uns dolle auf ein Wiedersehen, auf die gemeinsame Debatte, den neuen Impuls und den Schub für reformerische Politik in der Linken für progressive gesellschaftliche Mehrheiten.

    Hier geht es zum Aufruf:

    http://www.forum-ds.de/2025/09/24/die-erneuerung-der-linken-organisieren/

  • Dreierlei zum Bundesparteitag 2025 in Chemnitz

    Dreierlei zum Bundesparteitag 2025 in Chemnitz

    Ein Bundesparteitag jagt den nächsten. Wir hoffen, wir sehen uns zahlreich am 9./10.05. in Chemnitz. Unser fds wird sich wieder verstärkt in die inhaltliche Debatte unserer Partei einmischen.

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Umbau

Wie unschwer zu erkennen, finden hier bei uns auf der Website gerade Umbau- und Aufbaumaßnahmen statt. Wenn also hier und da etwas Gerümpel liegt oder es in der ein oder anderen Ecke gar aussieht wie bei Hempels unter’m Sofa (leider haben Hempels wie die meisten keinen Staubsaugerroboter), bitten wir um Nachsicht.

„… ein Klima zu befördern, das zur Debatte einlädt, und nach außen einen gewinnenden wie erfolgreichen Politikstil zu entwickeln“

aus: Woher wir kommen